E. Bloch u. A. Benda (T), H. Michaelis (M), 1875, BFP
1.
Das war der Graf von Rüdesheim, mit Gütern reich beglückt, der hat des Winzers holder Maid zu tief ins Aug’ geblickt. Doch als er ihr die Lieb’ gestand, lacht sie ihm ins Gesicht; der Graf ritt tief gekränkt nach Haus und mied des Tages Licht. Und er sass und vergass in seiner Burg am Rhein seinen Schmerz, denn das Herz tröstet Rüdesheimer Wein.
2.
Wohl sieben Jahre sass er so, geschieden von der Welt und gab für Rüdesheimer Wein hin all sein Gut und Geld, wohl vierzig Güter gab er hin für edles Rebenblut, und als das letzte Jahr verging, ging auch das letzte Gut. Also sass und vergass er in seiner Burg am Rhein seinen Schmerz, denn das Herz tröstet Rüdesheimer Wein.
3.
Doch als das letzte Gut vertan, ging es dem Grafen schlecht, ein and’rer Herr bezog das Schloss, da ward der Graf ein Knecht. Die ganze Woche plagt er sich im Wirtshaus vor der Burg, was in der Woche er verdient’, bracht’ er am Sonntag durch. Und da sass und vergass er im Kellerloch am Rhein seinen Schmerz, denn das Herz tröstet Rüdesheimer Wein.
4.
Und die euch dieses Lied erdacht, die waren selber dort, zu Fuss kam man den Berg herab, die Gelder waren fort. Man haderte mit dem Geschick und härmte sich gar sehr, da hörte man vom edlen Graf die wundersame Mär. Und sass und vergass vor seiner Burg am Rhein allen Schmerz, denn das Herz tröstet Rüdesheimer Wein.