Hier lagern wir am Heckendorn (Zieh, Schimmeli, zieh!)

Jos. Vikt. v. Scheffel (T), R. Baumbach (M), 1883, BP

1.

Hier lagern wir am Heckendorn in Gras und grünen Ranken, und trinken aus bekränztem Horn den güld’nen Wein aus Franken. Es geht herum im Kreise und kommt zur Ruhe nie, ja nie; dazu ertönt die Weise: ‹Zieh, Schimmeli, zieh!›

2.

Es sollt’ einmal ein Klosterknecht vor langen, langen Jahren viel Fässer Wein im Korbgeflecht ins Tal des Rheines fahren. Es stak im Strassenkote das Rösslein bis ans Knie. Der Fuhrmann bat und drohte: ‹Zieh, Schimmeli, zieh!›

3.

Es brach das Rad, die Mähre dampft’, es brach die Wagenleiter, doch wie der Fuhrmann flucht’ und stampft’, das Rösslein ging nicht weiter. Es hebt und senkt die Ohren, trotz Peitschenknall und Hott und Hü – die Mahnung ging verloren: ‹Zieh, Schimmeli, zieh!›

4.

Der Fuhrmann sah die Fässer an und sprach: ‹Sie sind zu schwere! Ich glaub, es wäre wohlgetan, wenn ich das kleinste leere.› Ansetzt’ er ins der Fässer, der Herr ihm Kraft verlieh; drauf sprach er: ‹Jetzt geht’s besser! Zieh, Schimmeli, zieh!›

5.

Vorm Kloster hielt am siebten Tag das Schimmeltier, das brave, und auf den leeren Fässern lag der Klosterknecht im Schlafe. Des Pförtners Lachen schallte, der Kellner Zeter schrie; der Fuhrmann selig lallte: ‹Zieh, Schimmeli, zieh!›

6.

Drauf sprach der Prior mit Bedacht: ‹Wir wollen’s ihm vergeben. Wo man den Bock zum Gärtner macht, gedeihen keine Reben. Der Wein sei ihm gegonnen, noch manches Fass liegt hie; schenkt ein vom Labebronnen!› Zieh, Schimmeli, zieh!

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